Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Unternehmensführung in einem Handwerksbetrieb ist die Preisfindung bei Aufträgen. Angemessene Preise zu finden, die den Wert der handwerklichen Leistung widerspiegeln und gleichzeitig konkurrenzfähig sind, wird für viele Handwerker zur Herausforderung. Damit die Steuerberatung am Ende des Geschäftsjahres keine offenen Fragen zur Preiskalkulation hat, sollte sich jeder Handwerker mit eigenem Betrieb genau mit der eigenen Preisgestaltung auseinandersetzen und notwendige Änderungen vornehmen.
Informiere dich hier über die Herausforderung der Preiskalkulation im Handwerk und die drei Preismodelle. Gemeinsam mit praktischem Wissen über die Angebotsabgabe und relevanten Tipps zu Falschkalkulationen und Nachverhandlungen kannst du dich ganz leicht an die Kalkulation deiner eigenen Preise machen.
Balanceakt zwischen drei Faktoren: Die Preiskalkulation im Handwerk will gelernt sein
Tust du dich bei Fragen nach der Kosten-Nutzen-Analyse oder der exakten Preiskalkulation schwer, gibt es gute Nachrichten für dich: Im Zuge der Digitalisierung des Handwerks gibt es auch in diesem Bereich hilfreiche Softwaretools, die den eigenen Aufwand bei der Preiskalkulation im Handwerk minimieren.
Doch selbst, wenn du eine Kalkulationssoftware benutzt: Die Basics sollte jeder kennen! Auf diese Weise kannst du mit Unterstützung erstellte Preiskalkulationen innerhalb kurzer Zeit überprüfen, korrigieren und nach deinen Bedürfnissen anpassen.
Bei der Preiskalkulation im Handwerk bewegst du dich grundsätzlich zwischen drei verschiedenen Faktoren:
- Decken der eigenen Kosten
- Konkurrenzfähigkeit der eigenen Preise
- Berücksichtigung der Kundenanforderungen
Der erste Punkt ist nicht diskutabel. Deckt ein Auftrag deine Fixkosten nicht, schreibst du rote Zahlen. Gleichzeitig müssen Kunden bereit sein, deinen Preis zu bezahlen und deine Preisgestaltung darf nicht so abwegig sein, dass sie zur Konkurrenz wechseln.
Was sich leicht liest, ist im Einzelfall manchmal gar nicht so einfach. Preismodelle machen dir die Suche nach dem richtigen Preis aber etwas leichter.
Wahl zwischen drei Modellen: Vor der Berechnung musst du dich für eins entscheiden
Leitest du deinen Betrieb, hast du dich zwangsläufig in einigen Bereichen mit Betriebswirtschaft befasst. Bei der Preiskalkulation gibt es verschiedene Ansätze, von denen du vielleicht schon einmal gehört hast.
Welches Preismodell du wählst, ist dir überlassen. Grundsätzlich ist die Preiskalkulation nach dem kostenorientierten Modell aber diejenige, die Vor- und Nachteile für die meisten Betriebe am besten miteinander vereinbart.
Kostenorientierte Preise
Berechnest du deine Preise kostenorientiert, musst du erst einmal etwas Arbeit investieren. Die Daten, die du für die Preisberechnung benötigst, kannst du allerdings leicht ermitteln – es ist also nicht so kompliziert, wie viele denken. Im ersten Schritt muss der Stundensatz berechnet werden. Oft veranschlagen Betriebe für die Arbeitsstunden eines Meisters mehr als für die eines Gesellen und für die eines Gesellen mehr als für die eines Auszubildenden. An der grundsätzlichen Berechnung ändert das allerdings nichts.
Schritt 1: Gesamtausgaben erfassen
Der erste Schritt zu einem passenden Stundensatz ist die Kostenkalkulation aller Betriebsausgaben. Ansetzen kannst du hier nicht nur alle Lohn- und Gehaltskosten für dich und die Arbeitszeit deiner Mitarbeiter, sondern auch Nebenkosten wie Sozialabgaben und Kosten für die Mitarbeiterführung. Zu den Betriebsausgaben gehören außerdem Fixkosten wie Miete, Verwaltungskosten und Ausgaben für das Büro, Versicherungs- und Werbekosten, betriebliche Steuern, Abschreibungen und variable Kosten durch sonstige Ausgaben.
Schritt 2: Abrechenbare Arbeitsstunden ermitteln
Für die abrechenbaren Arbeitsstunden musst du zuerst die jährlichen Arbeitstage ermitteln. Von 365 Tagen im Jahr werden dafür Wochenenden und Feiertagen, Urlaubstage und durchschnittliche Ausfälle durch Krankheit oder Fort- und Weiterbildungen abgezogen. Hast du den Wert ermittelt, multiplizierst du ihn mit der Anzahl deiner Mitarbeiter (inklusive dir!) und der Anzahl der täglichen Arbeitsstunden.
Schritt 3: Berechnung des Stundensatzes
Der kostendeckende Stundensatz deines Betriebes ergibt sich aus diesen beiden Werten. Teile dafür die Summe der Betriebskosten durch die ermittelten Arbeitsstunden. Damit du nicht zum Nullkostentarif arbeitest, musst du eine Gewinnspanne festlegen und den Stundensatz entsprechend erhöhen. Kommunizierst du den Stundensatz mit Kunden, darfst du nicht vergessen, die Umsatzsteuer aufzuschlagen.
Der Nachteil von kostenorientierter Preisgestaltung: Unvorhergesehene Probleme wie ein höherer Krankenstand oder zahlungsunwillige Kunden noch nicht einkalkuliert. Eine gute Rechtsberatung hilft zwar bei Kunden, die ihre Rechnungen nicht zahlen wollen, das ändert aber nichts an der Ausgangslage: Die Mehrkosten müssen erst einmal aus dem Betriebsvermögen gestemmt werden. Um das bei der Liquiditätsplanung abzufedern, macht es Sinn, bei der Preiskalkulation über weitere Zuschläge als Deckungsbeitrag nachzudenken.
Vom Stundensatz zum Angebot
Hast du den Stundensatz ermittelt, der die Kosten deines Betriebes deckt, weißt du, was du brauchst, um keine roten Zahlen zu schreiben. Für das finale Angebot musst du noch die Materialkosten draufrechnen.
Konkurrenzorientierte Preise
Möchtest du deine Preise konkurrenzorientiert kalkulieren, musst du wissen, welche Preise deine Mitbewerber für bestimmte Leistungen veranschlagen. Kannst du den allgemeinen Marktpreis unterbieten, mag sich das kurz positiv auf deine Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Manche Kunden nutzen das günstigste Angebot. Bei vielen anderen spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle – beispielsweise die Qualifikationen und ganz menschlich, die Frage der Sympathie.
Konkurrenzorientierte Preise bringen dir aber langfristig keine Vorteile. Fallen die Preise in einen Abwärtstrend, müssen andere Betriebe mitziehen und das gegenseitige Unterbieten beginnt. Unterm Strich bringt dieses Preisdumping weder dir noch deiner Konkurrenz etwas. Früher oder später ist kein kostendeckendes Arbeiten mehr möglich und Kunden gewöhnen sich an die niedrigen Preise. Sind Betriebe dann dazu gezwungen, die Preise wieder anzuheben, sorgt das für Widerstand und ein gedrosseltes Kaufverhalten. Das wirkt sich negativ auf die Auftragslage aus und verschärft die Konkurrenz zwischen dir und Konkurrenzbetrieben zusätzlich.
Wertorientierte Preise
Hast du bei der Kundenakquise den Fokus auf eine ganz bestimmte Kundengruppe gelegt, für die du einen echten Mehrwert bietest? Wenn du dich in dieser Nische so stark von deiner Konkurrenz abhebst, dass die Kundenbindung bei dir quasi automatisch läuft, kannst du die Preisgestaltung auch wertorientiert machen. Mit einem herausragenden Projektmanagement, Zeitmanagement und Qualitätsmanagement sowie einem außergewöhnlichen Leistungsangebot zahlen deine Kunden auch gern mehr als bei der Konkurrenz – sie bekommen ja etwas dafür. Problematisch wird es, wenn du es übertreibst. In diesem Fall wird sich selbst der loyalste Kunde irgendwann bei der Konkurrenz umsehen.
Der nächste Schritt: Angebot oder Kostenvoranschlag?
Du hast die Preise für einen Auftrag kalkuliert? Sehr gut! Bei der Übermittlung an den Kunden musst du dich zwischen der Angebotserstellung und einem Kostenvoranschlag entscheiden. Die beiden Begriffe werden sehr oft synonym verwendet, unterscheiden sich rechtlich aber ganz erheblich voneinander. Ein Angebot ist rechtlich bindend. Entstehen dir hinterher Mehrkosten, beispielsweise durch gestiegene Materialpreise, kannst du sie nicht auf den Kunden abwälzen.
Anders sieht es beim Kostenvoranschlag aus: Hier gibt es keine Preisbindung. Möchtest du statt einem Angebot einen Kostenvoranschlag nutzen, musst du Art und Umfang der Arbeiten beschreiben, die voraussichtlichen Kosten und die voraussichtliche Dauer für den Auftrag angeben und die Materialkosten möglichst genau schätzen. Außerdem musst du einen Zeitraum nennen, in dem der Kostenvoranschlag gültig bleibt.
Verkalkuliert? Nachbesserungen sind nur begrenzt möglich
Hast du dich bei der Preisgestaltung verkalkuliert, ist das sehr ärgerlich. Bei einem Kostenvoranschlag sind Anpassungen im rechtlich erlaubten Umfang noch möglich. Hast du aber ein festes Angebot abgegeben, bleibt dir nur übrig, aus deinen Fehlern zu lernen. Für deine Budgetplanung ist es deshalb wichtig, dass du (vor allem bei großen und umfangreichen Projekten) eine Nachkalkulation durchführst. Sie zeigt dir ganz genau, an welchen Stellen du falsch kalkuliert hast und in Zukunft andere Preise ansetzen musst. Auch, wenn die Nachkalkulation viel Zeit kostet, profitierst du langfristig von einer Effizienzsteigerung bei der Preisgestaltung: Du sammelst Erfahrungswerte, auf die du bei Folgeaufträgen zurückgreifen kannst. Abgesehen davon entstehen weniger finanzielle Löcher bei der Auftragsabwicklung, die du aus deiner eigenen Tasche stopfen musst.
Die IHK München und Oberbayern stellt hier online eine Vorlage für die Preiskalkulation im Handwerk zur Verfügung.