Die duale Ausbildung in Deutschland ist europaweit bekannt und eine wesentliche Säule für die Deckung des Fachkräftebedarfs in Deutschland. Derzeit bleiben aber zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt. Laut einer Statistik des Statistischen Bundesamtes stagniert die Zahl der Auszubildenden im Handwerk seit 2017. Das Handwerk benötigt weitere Fachkräfte, um die konstant bleibenden Aufträge zu bedienen. Hier kommen die Ausbildungsbetriebe ins Spiel.
Warum solltest Du in Deinem Handwerksbetrieb eine Ausbildung anbieten?
Die Entscheidung, ein Ausbildungsbetrieb zu werden, bietet Dir viele Vorteile: Du stellst Dich aktiv dem Fachkräftemangel entgegen und bietest Deinen Mitarbeitern neue Herausforderungen. Fehlendes Personal ist im Handwerk bereits ein großes Problem. Wenn Du Deine Fachkräfte selbst ausbildest, sparst Du später Zeit und Geld bei der Suche nach Arbeitskräften ein, da diese bereits bei Dir arbeiten. Da die Auszubildenden bereits wissen, wie Dein Handwerksbetrieb funktioniert und welche Abläufe es bei Dir gibt, musst Du diese nicht mehr anlernen. Auch hier sparst Du Zeit. Wenn Du Dich bei der beruflichen Bildung geschickt anstellst, ein gutes Gehalt und eine angenehme Arbeitsatmosphäre bietest, bleiben Deine Auszubildenden Deinem Betrieb auch nach der Ausbildung als Fachkräfte erhalten. Ein weiterer Vorteil ist, dass Du im Rahmen der Ausbildung vielleicht Abläufe bei Dir entdeckst, die nicht effizient sind. Diese kannst Du anschließend anpassen.
Wenn Du in Deinem Betrieb Handwerksberufe ausbildest, entstehen Dir allerdings auch Kosten. Neben dem Gehalt für Deine Auszubildenden sind dies die Sozialabgaben sowie die Kosten für Material, Arbeitskleidung und Lehrbücher. Im Durchschnitt arbeiten die Auszubildenden allerdings schon ab dem zweiten Lehrjahr produktiv mit. Das heißt, dass sie Dir als Arbeitskräfte dann bereits Arbeit abnehmen können. Wenn die Auszubildenden nach der Ausbildung dann in Deinem Handwerksbetrieb bleiben, profitierst Du auch langfristig von ihnen.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen musst Du bei der Ausbildung im Handwerk beachten?
Wenn Du in Deinem Betrieb einen Handwerksberuf ausbilden möchtest, gelten für Dich feste gesetzliche Bestimmungen. Das sind das Berufsausbildungsgesetz (BBiG) und die jeweiligen Ausbildungsordnungen der Ausbildungsberufe, die junge Menschen bei Dir erlernen können.
Im Berufsausbildungsgesetz (BBiG) sind die grundsätzlichen Vorgaben für Ausbildungsverhältnisse geregelt. Dort findest Du zum Beispiel:
- wie ein Ausbildungsvertrag aufgebaut sein muss
- welche Kenntnisse und Eigenschaften ein Ausbilder im Handwerk vorweisen muss
- welche allgemeinen Voraussetzungen es für einen Handwerksbetrieb gibt, der ausbilden möchte.
Die Ausbildungsordnungen informieren über die jeweiligen Ausbildungsberufe und deren Berufsbilder. Sie enthalten den Namen des handwerklichen Berufs, die Tätigkeiten, die benötigten Kenntnisse sowie Rahmenbedingungen wie Länge der Ausbildung und Art des Abschlusses.
Auch zum Gehalt während der Ausbildung im Handwerk in einem Ausbildungsberuf gibt es Vorgaben: Wenn für Deinen Betrieb ein Rahmentarifvertrag gilt, musst Du das dort festgelegte Gehalt für die Berufsausbildung beachten. Wenn für Dich kein Tarifvertrag gilt, kann Dir die Webseite BERUFENET der Agentur für Arbeit weiterhelfen. Dort findest Du Berufe von A-Z und erhältst einen Überblick über das durchschnittliche Gehalt pro Lehrjahr. Inzwischen hat auch der Bundestag einen Mindestlohn für Auszubildende beschlossen. Lasse Dich dabei am besten wieder von Deiner Handwerkskammer beraten und prüft dort zusammen Deinen Entwurf für den Ausbildungsvertrag.
Wie wird Dein Betrieb ein Ausbildungsbetrieb für Handwerker?
Bevor Du in Deinem Betrieb Jugendliche ausbilden darfst, liegen ein paar Schritte vor Dir:
- Melde Dich bei Deiner zuständigen Handwerkskammer. Sie hilft Dir bei den ersten Schritten. Das ist zum Beispiel die Auswahl des passenden Ausbildungsberufes im Handwerk. Insgesamt bietet das Handwerk rund 130 Ausbildungsberufe mit individuellen Berufsbildern an. Zu den beliebtesten Ausbildungsberufen gehören zum Beispiel Kfz-Mechatroniker oder Fahrzeuglackierer. Wähle aus den möglichen Berufen den aus, dessen Berufsbild am besten zu Deinem Betrieb passt.
- Stelle sicher, dass Deine Ausbilder die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Dazu gehört, dass diese persönlich und fachlich dazu geeignet sind, die Ausbildungsberufe zu vermitteln. Zur persönlichen Eignung gehört, dass sie keine Vorstrafen haben, die die Arbeit mit Jugendlichen verbieten, sowie nicht gegen das Berufsbildungsgesetz verstoßen haben. Die fachliche Eignung besteht aus spezifischen Berufskenntnissen und pädagogischen Kenntnissen. Der Ausbilder muss diese gesondert nachweisen. Im Handwerk sind dafür in der Regel ein Meistertitel sowie eine Ausbildereignungsprüfung bei der Handwerkskammer nötig. Deine zuständige Kammer berät Dich dabei.
- Dein Betrieb muss für die Ausbildung in diesem Ausbildungsberuf geeignet sein. Die Handwerkskammern unterscheiden dabei mehrere Arten von Betrieben: Wenn Du in Deinem Betrieb alle Aspekte des Ausbildungsberufes vermitteln kannst, darfst Du die Vollausbildung anbieten. Ist Dein Betrieb zu klein, um alle Themen des Berufsbildes zu vermitteln, kannst Du eine Teilausbildung anbieten. Die Auszubildenden lernen dann teilweise in Deinem Betrieb und teilweise in einem Großbetrieb. Eine Alternative dazu ist die Verbundausbildung, in der die Auszubildenden zwischen mehreren Kleinbetrieben wechseln und dort jeweils bestimmte Teile des Ausbildungsberufes erlernen.
- Wenn alles geklärt ist, meldest Du Deinen Betrieb als Ausbildungsbetrieb bei der zuständigen Handwerkskammer an. Nun können Dich Interessierte an dem von Dir gewählten Beruf über die Webseite der Handelskammer finden. Du solltest jetzt auch aktiv werden und Anzeigen in lokalen Zeitungen und auf Jobportalen schalten. So erfahren Interessenten, dass Du freie Ausbildungsplätze hast.
Welche genauen Voraussetzungen benötigt ein Betrieb für eine Ausbildung im Handwerk?
Wenn die Handwerkskammer Deinen Betrieb prüft, achtet sie vor allem auf folgende Punkte:
- Ist Dein Betrieb passend ausgestattet? Hast Du alle Maschinen, an denen die Auszubildenden ihren Beruf erlernen können? Haben die Auszubildenden eigene Arbeitsplätze oder teilen sie sich diese mit den anderen Handwerkern im Wechsel?
- Passt das Verhältnis von Fachkräften und Auszubildenden? Das BBiG und die Handwerksordnungen sprechen dabei von einem “angemessenen Verhältnis“. Haufe gibt als Richtwert einen Auszubildenden pro ein bis zwei Fachkräften an.
Ohne Meister im Handwerk ausbilden?
Wenn in Deinem Betrieb niemand vorhanden ist, der mit einem Meistertitel ausbilden kann, gibt es noch weitere Möglichkeiten:
- Wenn Du einen Ausbildungsberuf im zulassungspflichtigen Handwerk ausbilden möchtest, ist es neben dem Meisterbrief auch ausreichend, wenn die Handwerkskammer eine Ausnahmegenehmigung gemäß Handwerksordnung erteilt. Näheres erfährst Du bei Deiner Handwerkskammer.
- Wenn es sich um einen Ausbildungsberuf im zulassungsfreien Handwerk handelt, ist neben dem Meisterbrief auch die Gesellenprüfung oder Abschlussprüfung in dem entsprechenden Beruf oder ein Hochschulabschluss eines Studiums in dem Fachgebiet ausreichend.
Unabhängig davon können Deine Ausbilder Angebote zur Weiterbildung bei Deiner zuständigen Handwerkskammer besuchen. Dort erhalten sie praktische Tipps und Unterstützung, wie sie die Ausbildung im Handwerk anschaulich und modern gestalten können.
Welche Ausbildungsinitiativen bietet das Handwerk an?
Auch wenn Du sehr aktiv bei der Suche nach Auszubildenden bist, kann es sein, dass Du keine Bewerbungen erhältst. In dem Fall helfen Dir vielleicht Ausbildungsinitiativen. Neben besonderen Initiativen Deiner Handwerkskammer, die Du auf deren Webseite finden kannst, gibt es auch bundesweite Angebote. So beispielsweise die Initiative “Zeit zu starten” für Berufe im Bereich Sanitär und Klima, die auf ihrer Webseite und auf Veranstaltungen über die Ausbildungsberufe informiert. Daneben gibt es zum Beispiel die Initiative “Handwerk baut Zukunft”, die mehr über Berufe im baunahen Handwerk informiert. Fast jede Gruppe von Ausbildungsberufen bietet derzeit Initiativen an. Wir empfehlen Dir, Dich nach der Entscheidung, welchen Beruf Du in Deinem Betrieb ausbilden willst, über die passenden Initiativen zu informieren und mit diesen in Kontakt zu treten.
Wie Du Handwerker-Azubis findest
Als Handwerker solltest Du digital arbeiten. Du wirst keine Azubis finden, wenn Du nicht dort präsent bist, wo sie sich aufhalten: im Internet. Ohne Profil bei YouTube, Instagram oder Facebook oder ohne eigene Homepage fällst Du bei Auszubildenden als potenzieller Arbeitgeber durch. Die Generationen Y und Z sind die Handwerker der Digitalisierung.
Generell erreichst Du Menschen besser, wenn Du mit ihnen auf Augenhöhe kommuniziert. Bei Jugendlichen ist das nicht anders. Wenn Du Azubis finden willst, solltest Du dringend Distanz abbauen und dein Unternehmen nahbar machen. Dabei hast Du verschiedene Möglichkeiten.
1. Social Media
Über Social Media zeigst Du Einblicke in den Beruf. Wie sieht der Alltag als Handwerker aus? Was genau erwartet Auszubildende? Wie ist die Ausbildung aufgebaut? Du solltest einen Mix aus Information und Unterhaltung bieten. Du kannst also sowohl ein witziges TikTok-Video posten als auch einen ansprechenden Info-Post auf Instagram.
2. Persönlicher Kontakt in Schulen oder bei einem Schüler-Praktikum
Am besten baust Du Hemmungen durch persönlichen Kontakt ab. Dabei können ein Schüler-Praktikum, Tag der offenen Tür oder eine Ausbildungsmesse helfen. Damit sich Jugendliche hierfür interessieren, solltest Du Dich sichtbar machen. Zum Beispiel können Handwerker mit Schulen kooperieren und Vorträge halten.
3. Nutze Deine Mitarbeiter als Multiplikatoren
Die Ansprache ist besonders wichtig, um Azubis zu finden. Falls Du bereits Auszubildende oder junge Mitarbeiter in Deinem Betrieb hast, solltest Du sie als Multiplikatoren nutzen. Gleichaltrige können viel besser einen Draht zu Jugendlichen aufbauen als ein alteingesessener Meister. Ein realer Azubi kann die Anforderungen während der Ausbildung sowie den Berufsalltag viel anschaulicher darstellen.
4. Neue Wege & Teilzeitausbildungsmodelle
Ein Arbeitszeitmodell oder auch Ausbildungsmodell, das Schule machen könnte ist die Teilzeitausbildung. Der Chef einer kleinen Möbelmanufaktur in Zirndorf hat dieses Jahr drei Frauen, die sich beruflich verändern oder weiterentwickeln wollten, als Teilzeit-Azubis eingestellt.
Die Frauen, die bereits in einem anderen Job gearbeitet oder studiert hatten, konnten keine Ausbildung in Vollzeit machen. So ist gemeinsam die Idee zu einer Schreinerausbildung in Teilzeit entstanden, ergänzt um einen Teilzeitjob im Büro der Schreinerei.
Es zeigt sich, dass dieses Arbeitszeitmodell eine Win-win-Lösung für alle Beteiligten ist. Deshalb möchte es Schreinermeister Pautz auch beibehalten. Er gewinnt auf diese Weise erfahrene Mitarbeiter mit anderen Kernkompetenzen für die Schreinerei, die er normalerweise niemals bekommen hätte.
Vielleicht wäre das ja auch eine Option für Deinen Handwerksbetrieb!?
Weitere kreative Tipps, wie Du Mitarbeiter und Auszubildende im Handwerk findest, haben wir für Dich hier zusammengefasst: Mitarbeiter finden im Handwerk – so gelingt es auch Dir!